Namibia – eine Forschungsreise ins Glück

Biologie zu studieren hat den Vorteil die Natur mal von einer ganz anderen Seite zu betrachten. So war es auch auf einer der unzähligen Exkursionen: Meiner Bachelorarbeits-Feldforschungsreise nach Namibia.

Viele Touristen kommen nach Namibia um die großen Giraffen, Elefanten und Antilopen zu sehen- und gewiss, das ist toll– aber ich bin hier, um das Leben der etwas kleineren Lebewesen zu untersuchen.

In einigen Regionen Namibias haben der Legende nach Feen ihre Spuren hinterlassen und sogenannte „Feenkreise“ geschaffen. Diese kreisrunden, kargen Flächen im Grasland Namibias sind von einen „Luxusgürtel“ aus hohen Gräsern umschlossen. Seit Jahren wird philosophiert, wie dieses Wunder der Natur entsteht. Man stelle sich vor auf einem Hügel zu stehen und in ein grünes Tal zu blicken, dass von Rot schillernde Formationen in gleichmäßigen Mustern geprägt ist. Als wenn eine Horde Ufos, die durch erdfeindliche Beschaffenheit kahle Flächen in den sandigen Boden fräsen, nach kurzem Zwischenstopp in Namibia wieder gen Himmel verschwinden und ihre Spuren hinterlassen.

Dass Feen oder Ufos genauso wenig mit der Entstehung dieses Phänomens zu tun haben wie chemische Substanzen im Boden oder sich selbst organisierende Pflanzen, soll bei diesem Trip bestätigt werden. Termiten, so teilen viele Wissenschaftler eine Meinung, seien Hauptakteure in dem Lebenszyklus der Feenkreise.

Also gehen wir auf die Suche. Nicht nur nach pflanzenfressenden Termiten, sondern auch nach den verschiedenen termitenfressenden Ameisenarten, die sich in den komplexen, neu erschaffenen Ökosystemen verstecken. Doch unerwarteter Weise finden wir auch einen Ort, ganz anders als die durch roten Sand geprägte Graslandschaft, in dem das Bild von kahlen Stellen auf kalkhaltigem, festen Boden geprägt wird. Eine neu entdeckte Ameisenart bewirtschaftet die Nester aus Spreu und Spelzen in der Mitte.

So schön, so gut. Alle noch so interessanten Themen rund um diese sozialen Insekten und Einblicke in die Welt des Forschertums sind nebensächlich im Vergleich zu den Erfahrungen die ich während dieser Reise sammele. Das Zeug zur waschechten Forscherin habe ich daher wohl eher nicht.

In einem fremden Land anzukommen ist eine Sache, dies mit einem dir noch unbekanntem Team aus Forschern und Studenten eine ganz andere. Neben viel Fachsimpelei können auch mal die Korken knallen. Wir verbringen erst einmal zweieinhalb volle Tage damit das ganze Equipment für die Feldforschungen zusammenzusuchen und in den zwei großen Geländewägen zu verstauen. Nicht fehlen dürfen genügend Kameras und deren Akkus, sämtliche Werkzeuge zum buddeln, messen und schreiben, Essen, Wasser zum trinken und Waschen und natürlich zwei extra Benzinkanister. Wir quetschen uns dann natürlich auch noch in die freien Ecken der Autos und los geht die Fahrt ins Ungewisse. Was für uns ein erstmaliges Erlebnis ist, ist für unseren Prof ein seit zwanzig Jahren routinierter Ablauf. Aber auch er kann sich an all der Natur aufs Neue begeistern und auch noch zu jeder Gesteinsform, jeder Pflanze und jedem Tier etwas Spannendes erzählen. Wir saugen alles wissbegierig und interessiert auf, während wir die Schotterpisten gen Norden tuckern.

Zwei Tage sind wir unterwegs bis wir am ersten Stopp ankommen und einen weiteren, um am Ziel für die ersten Wochen zu landen. Auf dem Weg begegnen wir schon einigen Geiern, Pavianen, Giraffen und den uns begleitenden Plagen von (Plageschrecken-celina namen). Im hintersten Eck vom Kaokoland angekommen, dem Marienflussvalley, machen wir uns daran das Lager aufzuschlagen und die unbeschreibliche Luft, faszinierende Umgebung und endlose Stille zu genießen. Die Tage sind zäh, da wir in drückender Hitze den ganzen Tag Feldforschung betreiben müssen. Natürlich macht uns das nichts aus, denn wir strotzen nur so vor purer Lebensfreude. Unsere Tagesabläufe sind immer ähnlich und doch so anders. Yoga am Morgen- ein kräftiges Frühstück- Feldarbeit- Mittagspause im Schatten- Feldarbeit-Abendessen kochen-Wein trinken und quatschen-unter freiem Himmel schlafen und die Sterne bewundern. Zwischendurch einmal an die angolanische Grenze, um neue Trinkwasserreservoirs vom mit Krokodilen besetzten und braunfarbigen Kunene Fluss zu ergattern. Die Aussteiger, die schon seit 3 Jahren dort einen von aller Zivilisation abgeschotteten Campingplatz beherbergen, versichern, dass das Wasser schon in Ordnung sei. Trotzdem bereitet es uns Unbehagen immer wieder die Flasche mit der braunen Flüssigkeit an den Mund zu führen. Dafür schmeckt es aber ziemlich gut und ein Erlebnis ist es allemal.

Gen Süden geht es durch die Hartmannberge- und Dünen. Ein Gebiet, was von Touristen völlig unerschlossen ist, da nur Forscher Zugang und Erlaubnis zum Betreten des riesen Areals haben. Wir fahren also mehrere hundert Kilometer durch Wüste und Steppe, begegnen Zebras und Springböcken, Oryx-Antilopen und anderen wilden, wunderschönen Tieren. Eine Nacht verbringen wir in den schneeweißen Sanddünen und fühlen uns so glücklich wie nie zuvor. Ein Sonnenuntergang wie man es sich nur in den Träumen vorstellen kann und der Sternenhimmel, geprägt von mehreren blau und grün, lang aufleuchtenden Sternschnuppen-Explosionen vermag diese Tage zu mit den schönsten meines Lebens zu machen. Und erst die Gesellschaft.

Mittlerweile haben wir uns sehr gut angefreundet. Acht Leute sind wir insgesamt (Snake, der Fahrer, Norbert, der Prof, zwei promovierende, zwei Master- und zwei Bachelorstudenten), aber nur mit drei von ihnen erlebe ich eine sehr intensive und schöne Zeit. Neben den täglichen Yoga-Sessions, besteht diese Freundschaft natürlich auch aus 24h gemeinsamer Zeit und den daraus resultierenden wundervollen Gesprächen, Lachanfällen und Verrücktheitsausbrüchen.

Immer mal wieder kurze Zwischenstopps auf dem Weg in den Süden von Windhoek, nach Dieprivier. Diesmal anstatt drei Tagen nur vier Autostunden von der Hauptstadt entfernt. Trotz weitaus höherer touristischer Auslastung in diesem Teil, ein Paradies für Naturliebhaber. Wir campen einen knappen Kilometer vor einer Luxusranch und freuen uns zwar eine in den letzten Wochen nicht allzu oft gesehene Dusche vor dem Zelt zu haben, aber nicht in der mit Pool und Hotelbar ausgestatteten Bleibe sein zu müssen. Hier draußen ist es nämlich viel idyllischer. So wandern oder fahren wir jeden Tag die 6 Kilometer zum Feenkreis Spot, um unsere Entdeckungsreise fortzuführen. Dabei erquicken wir uns an den hohen, umwerfenden Dünen, der gemeinsamen Zeit und den Ameisen der Region.

Nachdem die hier etwas freizeithervorgehobene Forschungsreise beendet ist, miete ich mir mit meiner Freundin einen 4×4, um einen kleinen Teil des Landes auf eigene Faust zu erkunden. Gemacht, getan und auf geht’s. 10 Tage Abenteuer nach eigenen Regeln. Wieder hinein in verlassene Graslandschaften, hohe Berge, endlose Wüsten und wilde Atlantikstrände.

So viel ist passiert in dieser Zeit, dass es eine Herausforderung ist, alles kurz und knapp zusammenzufassen. Ich könnte auch noch von Fahrregionen erzählen die selbst unsere robusten Geländewägen an ihre Grenzen brachten, von der Suche nach Nilpferd-, Elefanten- und Hyänenfußspuren oder von dem Ausflug in die höchsten und schönsten Dünen der Welt. Eigentlich war meine Begegnung mit Namibia eine unerwartete Reise ins Glück und in die Freiheit. Ich hatte nicht vor mich selbst oder irgendetwas anderes außer Ameisen und Termiten zu finden und doch fand ich die endgültige Lebensfreude, die pure Energie und die uneingeschränkte Zufriedenheit, die das Leben so lebenswert macht. Ein Hoch auf weitere Abendteuer. Diesmal mit meinem wundervollen und einzigartigem Arved!

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