Teneriffa – ein Studium und unendlichen Möglichkeiten

Als ich beschloss für 4,5 Monate nach Teneriffa zu gehen, hatte ich, trotzdem es um ein Auslandssemester ging, ehrlich gesagt nicht nur mein Biologiestudium im Kopf. Ich wollte auch gerne das Gefühl erleben auf einer Insel zu wohnen, Spanisch zu lernen und zu surfen. Nun ja, einiges ging in Erfüllung, anderes nicht, aber Unerwartetes kam dazu.

Ein sehr netter Couchsurfer holte mich in der Nacht meiner Anreise vom Flughafen ab und nahm mich mit nach Hause. Dort durfte ich meine von Beginn an gute Freundin Julia schon auf ein Kurzes ‚Hi, ich bin Lara und schlafe heute neben dir‘ kennenlernen. Verschlafen wachten wir am Morgen auf und waren uns auf Anhieb sympathisch. Schon nach den ersten paar Sätzen stellten wir fest, dass wir beide das gleiche Interesse an der spanischen Sprache haben und somit nur noch spanisch reden wollten. Da Julia geborene Österreicherin ist, hätten wir natürlich deutsch sprechen können, aber bis auf einige Ausnahmen- ich komme später dazu- hielten wir uns an unsere Absprache.

Die ersten paar Tage fuhren wir täglich mit dem Bus nach La Laguna, um nach Wohnungen zu suchen und uns für die Uni anzumelden, den Papierkram zu erledigen und die Stadt zu erkundigen. Mir war es wichtig mit Spaniern/spanisch sprechenden Personen zusammenzuleben, damit ich meine gebrochenen Kenntnisse aufbessern konnte. Zuerst zog ich also ein bisschen Außerhalb zu Jesus. Ein netter Peruaner mit dem ich mir die Wohnung teilte. Wirklich wohl fühlte ich mich jedoch nicht, da ich relativ weit entfernt von der Stadt wohnte, die Wohnung nicht sehr ordentlich war und Jesus nicht oft zu Hause. Schon bald beschloss ich mich nach anderen Wohnungen umzuschauen. Einen Monat blieb ich allerdings dort, freundete mich mit einem wanderbegeisterten Couchsurfer an und genoss die Zeit mit Julia. Sie war natürlich gleich in alle Wanderungen und Aktivitäten inkludiert. Juan nahm uns an tolle Plätze mit und zeigte uns die Insel von seiner Seite. Mit Julia verbrachte ich meine ersten Klettererfahrungen in Arico. Ein tolles Gebiet um Felsen zu erklimmen. Noch nie zuvor war ich geklettert und hatte auch nie wirklich darüber nachgedacht, dieses Hobby zu wählen, aber Julia bracht mich dazu das Klettern zu lieben. Ich genoss jede Sekunde mit ihr und den Anderen auf den Felsen (langsam hatten wir schon eine kleine Kletter- und Wandercrew zusammen).

Nach ein paar Wochen kamen dann Ronja und Valerie zu Besuch. Bevor es richtig mit der Uni losging, wollte ich auf jeden Fall mit den zweien ein bisschen die Insel und auch La Gomera erkunden. Wir wanderten mit Juan und ohne Juan, aßen lecker und genossen die Strände. Auf La Gomera mieteten wir uns ein Auto und schliefen entweder dort drin oder am Strand. Einen Abend, wir suchten nach einem Restaurant in einem kleinen verlassenen Dorf am Meer, aber alles hatte zu, wurden wir Zeugen der Liebeswürdigkeit der Menschen. Wir hatten zuvor eine italienische Familie mit Händen und Füßen zu fragen versucht, wo das Restaurant sei und uns danach schon mit unseren Schlafsäcken zum Ende des Strandes aufgemacht. Es wurde schon fast dunkel und nach einem kleinen Mahl aus Kräckern und sauren Gurken wollten wir uns hinlegen. Plötzlich, wir versuchten schon zu schlafen, wurden wir von Lichtzeichen aufgeschreckt. Aber was genau war das? Lauerte eine Gefahr? Wurden wir beim illegalen Campen erwischt? Nach ca. fünf Minuten ununterbrochenen Signalen überwand ich mich und marschierte gen Licht. An der Quelle angekommen, stand die Familie versammelt mit einem Teller Pommes und Ei und einer 2 Liter Flasche Cola vor mir und bestand darauf diese als Abendmahl anzunehmen. Wir waren zwar wirklich nicht mehr in Stimmung zu essen und trinken, nachdem wir Zähne geputzt hatten, nahmen das Essen aber dankend entgegen. Was eine liebe Geste. Wenigsten gab es was zu lachen an diesem Abend, denn wir hatten eher mit Ärger gerechnet als mit diesem Geschenk. Natürlich aßen wir auch ein bisschen davon. Ronja und Valerie ließen sich sogar auf einen Schluck Cola ein. Wir unternahmen wundervolle Wanderungen zu einsamen Stränden und Hippi-Hochburgen, badeten nackt, wurden von Fliegen unseres nächtlichen Quartiers verscheucht und quetschten uns ins Auto wenn es zu kalt wurde. Ein witziger kleiner Trip und die zwei mussten auch schon wieder zurück nach Deutschland.

Die Uni konnte nun losgehen. Ich verstand zwar kein Wort, aber ich versuchte so viel wie möglich aufzuschnappen. Mit dem Kurs ‚Flora y Vegetacion de Tenerife‘ gingen wir wöchentlich auf tolle Exkursionen, um die verschiedenen Vegetationszonen zu begutachten und die Pflanzen kennenzulernen. Im Kurs Meeresbiologie hatten wir tolle Professoren, die uns inspirierten, das Meer mehr zu erforschen. Auch hier begaben wir uns auf schöne Ausflüge.

Viele Pflichtveranstaltungen hatte ich allerdings nicht und so blieb viel Zeit, um draußen zu sein. Ich war endlich umgezogen- in die Party Street der Stadt- und wohnte nun mit den 4 Jungs, Nacio und Klaus vom Festland und Christian aus Lanzarote, zusammen. Die drei waren absolute Partykameraden- in diesem Sinne kamen wir also nicht wirklich zusammen. Es war wohl eher ein nebeneinander leben, als ein miteinander. Wir hatten einfach verschiedene Rhythmen. Ich stand früh auf, um den Tag zu genießen, die Jungs schliefen bis in die Puppen um die Nacht durchzumachen. Trotzdem, witzige Gesellen!

Da ich mir einen Wanderführer zugelegt hatte, wollte ich so viele Wanderungen wir möglich machen. Allein, mit Julia oder mit Julia und Juan ging es also in die Berge und an abgelegene Strände. An einem dieser Strände lernte ich Rodrigo aus Madrid kennen. Mit ihm sollte ich viel Zeit verbringen und tolle Leute kennenlernen. Denn nun war die Slackline Zeit angebrochen. Rodri war auf der Insel um einen Film zu drehen und machte mich mit seinen Freunden bekannt- allesamt Slackliner. Die nächsten Monate sollte ich täglich entweder wandern, slacklinen oder klettern. Ach so und einen Tauchkurs machte ich auch noch nebenbei. Zusammen erkundeten Rodri und ich den Teide des Nachts und wanderten bis zum Ende der Welt- oder Teneriffa. Wir verstanden uns gut und es war eine Bereicherung, einen so motivierten und lebensfrohen Menschen begleiten zu können. Viel Zeit verbrachten wir natürlich mit den Slackline Tenerife Menschen. Hector und Monika, Vince und Javi, Dominik und all die anderen nahmen uns sofort mit in die Gruppe auf. Wir hatten immer ein wundervolles Panorama. Am Strand zum slacklinen, in den Bergen zum highlinen, am Wasser zum waterlinen. Einfach traumhaft und witzig. Tolle Menschen und ein gutes Klima um spanisch sprechen zu müssen. Oh und wie wir lachten. Die Lebensfreude war nicht wegzudenken. Flow-Momente! Sehr viele!

Fast hätte ich vergessen zu erwähnen, dass Julia in der ersten Woche unseres Aufenthaltes erfuhr, dass sie schwanger ist. Zusammen besuchten wir den Frauenarzt- wohlgemerkt abends um 7- und wunderten uns, dass noch mindestens 15 Menschen im Wartezimmer saßen. Das konnte eine lange Nacht werden. Nach den ersten zwei Patienten realisierten wir aber dass immer ca 5 Familienangehörige und Freunde mit dabei waren, die allesamt mit ins Arztzimmer gingen. Julia und ich beschlossen uns also, dass ich auch mit hineinkommen sollte. Das wäre ja nicht auszudenken, wenn sie alleine gehen müsste. Und dann hörten wir den Herzschlag des Babys. Ein rührendes Erlebnis, unbeschreiblich. Diese Nachricht veranlasste uns zwei dazu auf deutsch über dieses Thema zu reden. Da gab es nun mal doch zu viele Dinge, die es bis in die Tiefe zu besprechen gab- unser spanisch reichte nicht aus. Julia entschied sich, glücklicherweise, das Semester auf Teneriffa zu beenden und es war toll, sie die ganze Zeit an meiner Seite zu haben. Es fühlte sich gut an eine schwangere Freundin hier zu haben, da auch meine beste deutsche Freundin bald ein Kind erwartete und ich es sehr vermisste sie in der Zeit der Schwangerschaft zu unterstützen.

Die Zeit verging und es wurde Oktober. Meine liebe Freundin Ida kam zu Besuch und deklarierte mir gleich bei der Ankunft, super viele nette Menschen auf dem Weg zu einem Festival kennengelernt zu haben- ob wir nicht auch dorthin wollten? Und so geschah es. Am nächsten Morgen brachen wir mit Sack und Pack (also einmal Wechselwäsche und unseren Schlafsäcken) auf ins Unbekannte. Wir ließen uns treiben und die Tage auf dem ‚Zugvögel Festival‘ gehörten definitiv mit zu den schönsten Festival Momenten, die ich je hatte. Einfach nur tagelang entspannen, Sonne tanken, tanzen bis in die Nacht, gute Gespräche haben und glücklich sein. Wie es der Zufall wollte traf meine liebe Ida einen tollen Mann in der Menge und ist bis heute (1,5 Jahre später) immer noch glücklich mit ihm zusammen. Irgendwann- mir schien es nach einer Ewigkeit- musste ich wieder zur Uni für zwei Tage- Ida blieb noch dort und ich holte sie ein paar Tage später zusammen mit Julia im Süden ab. Die restlichen 3 tage verbrachten wir noch wandernd und am Strand liegend. Was für eine wunderschöne Zeit mir Ida beschert hat, wurde mir erst bewusst, als sie wieder weg war, und ich allein. Aber nicht doch.. da gab es ja zum Glück Julia und die Slackliner und das Klettern und das tauchen und der Surfkurs, den ich letztendlich doch noch machte! Also alles Paletti.

Es gibt so viele kleine Stories, die es verdienen mit in diesen Reisebericht zu kommen, doch fallen mir nicht mehr alle ein und außerdem würde das den Rahmen des ganzen bei weitem Sprengen. Ich lernte noch tolle andere Kletterer kennen und verbrachte viel Zeit damit, draußen zu schlafen, die Natur zu genießen und mit Julia zu kochen. Manchmal ging ich auch in die Uni. Weihnachten rückte immer näher, aber die Kälte ließ auf sich warten. Oben im Gebirge war es zwar ziemlich kalt aber unten am Strand konnte man bis zuletzt baden gehen und sich sonnen. Herrlich.

Meine Mutter kam am 23.12. und wir buchten eine Fähre nach La Palma. Wanderurlaub auf der grünen Insel. 7 tage mit meiner Mutter, unserem Zelt und einem Rucksack auf Wanderschaft. Ein sehr tolles Erlebnis trotzdem das Wetter nicht wirklich mitspielte. Wir erfuhren, Regen und Sandstürme, Sonne und Kälte. Aber umso schöner war die Natur. Wir genossen es den Tag über zu wandern und Proviant wie Avocados und Orangen für den Abend zu sammeln, um dann KO in die Koje zu fallen. Am Weihnachtsabend fanden wir keinen guten Platz zum schlafen und beschlossen es uns hinter der Kirche auf der Grünfläche gemütlich zu machen. Mit Kirchenbesuch hatten wir irgendwie nicht gerechnet. Schon am frühen Abend- wir waren gerade dabei unser Zelt aufzubauen- bekamen wir Pinkelbesuch von einem männlichen Kirchengast. Wir beschlossen doch ein anderes Plätzchen zu suchen, als eine weitere Person uns zu stören wagte. Ca. einen Kilometer weiter fanden wir das richtige Plätzchen- vielleicht nicht das schönste aber zweckgemäß! Am nächsten Tag wanderten wir los. Natürlich verlangte es Mama nach den ersten 6 km nach ihrem täglichen Kaffee. Weit und breit keine Einkehrmöglichkeit in Sicht, dafür ein kleines Bauernhaus. Wir beschlossen zu klingeln und zu fragen ob wir einen Kaffee haben dürften. Die zwei konnten nur spanisch sprechen und im Nachhinein war ich ziemlich froh, denn sonst hätte meine Mama nicht mehr an sich halten können. Die Frau erzählte mir doch wirklich, dass gestern in der Kirche ein richtiges Erlebnis gewesen sei. Zwei Frauen mit großen Rucksäcken, wie euren, hätten hinter der Kirche ihr nächtliches Lager aufgeschlagen. Wart ihr das? Sie klang etwas entrüstet, deswegen verneinte ich und sagte wir wären an keiner Kirche vorbeigekommen. Das nette Paar kochte uns nicht nur Kaffee, sondern schenkt uns noch zahlreiche selbstgepflückte Mandarinen für den Weg. Als ich Mama später die ganze Kirchengeschichte erzählte war sie völlig perplex und musste immer wieder lachen.

Den Norden der Insel bewanderten wir in den ersten 5 tagen, danach wollten wir noch einen Abstecher in den Süden machen. Hier wütete aber gerade Kalima. Der Sandsturm aus Afrika. Nicht schlimm, aber auf unserer Wanderung mit angeblich bestem Blick konnten wir nur ca. 10 Meter schauen. Trotzdem eine witzige Erfahrung. Wir schliefen dann noch eine Nacht am Strand und mussten dann auch wieder zurück nach Teneriffa. Dort machten wir am nächsten Tag noch eine spannende Wanderung und begrüßten noch gemeinsam Arved, der Mama jetzt für die nächsten 10 Tage ablöste. Ein gelungener Besuch abgerundet mit dem Wiedersehen meines tollen Freundes.

Ich sollte erwähnen, dass Arved und ich uns zwischendurch ein Wochenende in Madrid gesehen haben und dort zwei Tage die Stadt zusammen erkundeten. Trotzdem war es viel schöner ihn für 10 tage an meiner Seite zu wissen, nachdem wir uns so lange nicht gesehen hatten. Was für einen tollen Mann ich doch an meiner Seite habe! Auch mit ihm genoss ich 10 wundervolle Tage. Wir mieteten uns ein Auto und fuhren in die entlegensten Ecken, gingen wandern, klettern, übernachteten an Stränden erforschten die Insel und genossen die Nähe. Eine besonders schöne Wanderung führte uns an einen verlassenen Strand am östliche Zipfel der Insel. Dort schlugen wir unser Nachtlager auf und genossen, die Stille und die Zweisamkeit. Wir gingen nackt baden, tobten und lachten. Glücklich schliefen wir ein und wachten bei Tagesanbruch mit Sonnenstrahlen auf dem Körper auf. Einer der Flow-Momente, eindeutig. Eines Nachts machten auch wir zwei uns auf den Weg auf den Teide. Es war eiskalt, wir konnten keine Fotos machen und der Anstieg war ziemlich anstrengend. Und trotzdem hat es sich gelohnt den Sonnenaufgang von der Spitze des höchsten Berges Spaniens zu beobachten.

Ich wollte nicht, dass Arved wieder geht. Zumal wir jetzt auch schon eine gemeinsame Wohnung in Hamburg hatten und ich einfach nur mitwollte um diese zu begutachten und auch zu der meinen zu gestalten. Doch ich musste noch meine Prüfungen ablegen. Ja, ich hatte es auch fast vergessen. Die Uni gab‘s auch noch. Den Januar verbrachte ich also maßgeblich damit zu pauken- na gut, oftmals auch am Strand.. Die Klausuren liefen zwar nicht wirklich gut, aber trotzdem kam ich durch alle drei durch und durfte mein Auslandsemester als erfolgreich bestanden ansehen! Des Spanischen bin ich nach wie vor nicht zu 100 % mächtig, aber ich verstehe vieles und bin glücklich diese Erfahrung gemacht zu haben.

Fazit: Das Leben auf einer Insel ist definitiv etwas für mich, solange Kletter- und Slacklinegebiete, Surf- und Wanderareas und tolle Menschen um mich herum sind. Das Klima sollte auch stimmen und die Möglichkeit bestehen aufs Festland zu reisen.

Danke für diese unvergleichliche Zeit, Teneriffa, danke an all die Menschen, die ich kennenlernen durfte und an den wundervollen Besuch, der meine Zeit versüßt hat. Der kleine Sohn von Julia wurde übrigens auf den Namen Taro getauft und ist ein goldiges, gesundes Kerlchen.

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